Die fünf drängendsten medienpolitischen Themen
Die Regierungsverhandler*innen sprechen gerade auch über die Medienpolitik. Wo gibt es Gemeinsames und wo Trennendes?
Nahostkonflikt
Die sogenannten Abraham-Vereinbarungen sind Abkommen zur Normalisierung der Verhältnisse zwischen Israel und einer Reihe arabischer Länder, vermittelt durch die USA. 2020 einigte sich Israel mit den Vereinigten Arabischen Emiraten sowie mit Bahrain auf die Aufnahme diplomatischer Beziehungen. Einige Monate später folgten Marokko und der Sudan.
Vor dem Ausbruch des Krieges Anfang Oktober 2023 war auch eine Normalisierung von Israels Verhältnis mit dem Global Player Saudi-Arabien nahe. Einige Analyst*innen gehen davon aus, dass dieses geplante Abkommen einer der Auslöser für den Angriff der radikalislamischen Terrororganisation Hamas auf Israel gewesen sein könnte. Dagegen spricht unter anderem die lange Planung, die dem Angriff vorhergegangen sein muss. Die Verhandlungen um das Normalisierungsabkommen hat Saudi-Arabien eine knappe Woche nach dem Ausbruch des Krieges auf Eis gelegt.
Der Internationale Gerichtshof, internationale Organisationen und viele Regierungen bezeichnen diejenigen Gebiete unter israelischer Kontrolle als besetzt, die außerhalb der Waffenstillstandslinien von 1949 liegen. Heute betrifft das noch das nach dem Sechstagekrieg 1967 besetzte Westjordanland. Dort leben die Palästinenser*innen unter Militärrecht, die jüdischen Siedler*innen dagegen fallen unter ziviles Recht. Palästinenser*innen können also von israelischen Soldat*innen angehalten, kontrolliert und verhaftet werden.
Die Golanhöhen und Ostjerusalem sind sogar formal annektiert. Damit erhebt Israel einen permanenten Anspruch auf diese Gebiete; die Besetzung des Westjordanlandes hingegen ist zumindest per Definition ein temporärer Zustand.
Der Gazastreifen wurde im Jahre 2005 mit dem einseitigen Abkoppelungsplan unter dem damaligen Ministerpräsidenten Ariel Scharon von israelischen Siedlungen und Militärstützpunkten geräumt. Der Plan stieß bei Israelis, vor allem bei den Siedler*innen, auf heftigen Widerstand. Bilder von Soldat*innen, die ihre Landsleute aus ihren Häusern trugen, und Bulldozern, die Häuser zerstörten, gingen um die Welt.
Heute kontrolliert Israel die Grenzübergänge zwischen Israel und Gaza, den Luft- und den Seeweg. Den Übergang zwischen Gaza und Ägypten kontrolliert Ägypten. Sowohl nach Israel als auch nach Ägypten konnten Menschen aus dem Gazastreifen seit dem Wahlsieg der Hamas 2006 nur mit Genehmigung und langen Wartezeiten einreisen. Seit dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober sind alle Grenzübergänge zum Gazastreifen komplett geschlossen. Ägypten hält seinen Übergang geschlossen, weil es befürchtet, dass Israel den Gazastreifen einnehmen könnte, wenn alle Menschen aus dem Küstenstreifen fliehen. Geflüchtete könnten außerdem Ägyptens wirtschaftliche Probleme verstärken – und mit dem Zulauf militanter Hamas-Anhänger*innen aus dem Gazastreifen könnte sich auch die Sicherheitslage im Land verschärfen, vor allem auf der Sinai-Halbinsel, einem Rückzugsort für militanter Islamist*innen.
„From the River to the Sea“ ist ein palästinensischer politischer Slogan, der bei Demonstrationen häufig um den Zusatz „…Palestine will be free“ ergänzt wird. Aktivist*innen verwenden die Parole, um einen aus ihrer Sicht legitimen Anspruch der Palästinenser*innen auf das Gebiet zwischen dem Mittelmeer und dem Fluss Jordan geltend zu machen. Der Slogan wird weithin als israelfeindlich eingestuft, da er die Auflösung des bestehenden israelischen Staates impliziert. Im Kontext der jüngsten Gewalteskalation hat die Berliner Staatsanwaltschaft die Parole als strafbar eingeordnet. Auch die Wiener Polizei hat sie zuletzt als „klaren Aufruf zur Gewalt“ bezeichnet und unter anderem ihretwegen eine Demonstration am Stephansplatz verboten.
Die PLO hat die Formulierung bis 1993 häufig in offiziellen Dokumenten verwendet. Mit der Unterzeichnung der Oslo-Verträge gab sie die politische Forderung nach einem palästinensischen Staat „from the River to the Sea“ auf, wohingegen die Hamas die Formulierung in ihrem aktuellen Grundsatzdokument von 2017 weiterhin verwendet.
Die Hamas (arabisches Akronym für „Islamische Widerstandsbewegung“) ist eine palästinensische islamistische Bewegung mit bewaffnetem Arm. Sie ist Teil der transnationalen Muslimbruderschaft, hat jedoch einen territorialen Fokus auf das historische Palästina („From the River to the Sea“). Die Hamas wird finanziell und militärisch vom Iran unterstützt.
Entstanden im Kontext der Ersten Intifada (1987–93), agierte die Hamas von Beginn an sowohl militärisch als auch sozial, sie versorgte etwa Bedürftige mit Lebensmitteln und engagierte sich im Bildungs- und im Gesundheitsbereich.
Die Bewegung lehnt die Oslo-Verträge von 1993/94 ab. Sie torpedierte die Friedensverhandlungen durch terroristische Angriffe, unter anderem durch Selbstmordattentate. Mehrere westliche Staaten stuften sie in der Folge als terroristische Organisation ein.
Nach der Zweiten Intifada beteiligte sich die Hamas am politischen Prozess in den Palästinensischen Gebieten und gewann die Parlamentswahlen 2006. 2007 eskalierte der Machtkampf zwischen Hamas und Fatah, wobei die Hamas die Kontrolle über den Gazastreifen erlangte. Er unterliegt seitdem einer umfassenden Blockade durch Israel.
Fortan gab es mehrere Kriege zwischen Israel und der Hamas. Die Hamas beschoss in diesen Auseinandersetzungen Israel unter anderem mit Raketen und entführte israelische Soldat*innen und Zivilist*innen.
In ihrer aktuellen Charta von 2017 nennt die islamistische Organisation die vor dem Sechstagekrieg von 1967 bestehenden Grenzen eine „Formel des nationalen Konsens“, betont aber zugleich ihre Ablehnung des Staates Israel und „jeder Alternative zur vollständigen Befreiung Palästinas from the river to the sea“.
Die Hamas regiert den Gazastreifen autoritär und seit mehr als zehn Jahren ohne demokratisches Mandat. Sie beschneidet die Handlungsspielräume anderer politischer Parteien, unabhängiger Medien sowie der Zivilgesellschaft . Ihre religiös-konservativen gesellschaftspolitischen Vorstellungen schränken nicht zuletzt die Freiheiten von Frauen ein.
Die Hisbollah (arabisch für „Partei Gottes“) ist eine libanesische schiitische islamistische Bewegung mit bewaffnetem Arm.
Die vom Iran finanziell und militärisch unterstützte Organisation wurde durch ihren effektiven Widerstand gegen die israelische Besatzung des Süd-Libanon von 1982 bis 2000 in der Region bekannt und populär. Nach dem Abzug Israels aus dem Libanon gab es weiterhin Auseinandersetzungen zwischen den beiden Akteuren im Grenzgebiet; nach der Entführung zweier israelischer Soldaten durch die Hisbollah 2006 kulminierten diese im für beide Seiten verlustreichen Libanon-Krieg.
Ab 2011 kämpfte die Hisbollah im Syrienkrieg auf der Seite des Machthabers Baschar al Assad. Im Libanon beteiligt sie sich am politischen System und ist im Parlament und häufig auch in der Regierung vertreten. Ihr sozialkaritatives Netzwerk versorgt weite Teile der schiitischen Bevölkerung des Libanon.
Hisbollah und Hamas stehen in engem Austausch und koordinieren teilweise ihre Aktivitäten gegen den gemeinsamen Feind Israel, sodass wie zuletzt für Israel die Gefahr eines Zweifrontenkriegs besteht. Die Hisbollah gilt als stärkster nicht-staatlicher militärischer Akteur in der Region.
Als Intifada (arabisch für „das Abschütteln“) werden die palästinensischen Aufstände gegen die israelische Besatzung im Westjordanland, in Ost-Jerusalem und im Gazastreifen bezeichnet.
Die Erste Intifada von 1987 bis ca. 1993 war geprägt von zivilem Ungehorsam, Generalstreiks und Massendemonstrationen. Das brutale Vorgehen der schwer bewaffneten israelischen Armee gegen mit Steinen und Molotowcocktails kämpfende Palästinenser*innen prägte die medialen Bilder der Ersten Intifada.
Während der deutlich gewaltvolleren Zweiten Intifada von 2000 bis ca. 2004 verübten palästinensische Milizen Selbstmordattentate und andere Terroranschläge auf die israelische Zivilbevölkerung. Die israelische Armee verhängte unter anderem wochenlange Ausgangssperren über palästinensische Städte, flog Luftangriffe und riegelte die palästinensischen Gebiete zeitweise komplett ab. Insgesamt kamen bei den Auseinandersetzungen mehrere Tausend Menschen ums Leben.
Der Iron Dome ist eines von mehreren Raketenabwehrsystemen in Israel. Es wurde ab 2007 entwickelt, nachdem die Hisbollah Israel vom Libanon aus mit Katjuscha-Raketen beschossen hatte, und ist seit 2010 aktiv.
Für Mittel- und Langstreckenraketen werden in Israel die Abwehrsysteme David’s Sling („Davids Steinschleuder“) und Arrow („Pfeil“) eingesetzt. Der Iron Dome („Eiserne Kuppel“) fängt Raketen mit kürzerer Reichweite ab.
Sein Radarsystem erkennt eine anfliegende Rakete, Mörsergranate oder Drohne auf eine Entfernung von bis zu 70 Kilometern. Errechnet das Kontrollzentrum, dass eine Rakete in bewohntem Gebiet einschlagen wird, wird eine Abfangrakete abgefeuert.
Im Gaza-Krieg 2021 fing das System rund 90 Prozent der Raketen ab. Doch im derzeitigen Krieg, der Anfang Oktober 2023 begann, feuert die Hamas möglichst große Salven ab, die das System überfordern. Wenn die Abfangraketen verschossen sind, muss nachgeladen werden – das kostet Zeit. Dadurch kommt es zu fünf Mal mehr Einschlägen.
Die USA unterstützen das Abwehrsystem mit Geldsummen in Milliardenhöhe.
Palästinensische Israelis sind Palästinenser*innen mit israelischer Staatsangehörigkeit. Sie machen rund 20 Prozent der israelischen Bevölkerung aus. Ihre Familien sind während des Krieges von 1948 in dem Gebiet geblieben, das bei der Staatsgründung 1948 zum israelischen Staatsgebiet wurde – anders als viele andere Palästinenser*innen, die in dem Krieg vertrieben wurden oder flohen.
In palästinensischen Wohngebieten innerhalb der israelischen Grenzen galt bis 1966 Militärrecht. 1966 wurde es aufgehoben, und die Regierung begann damit, die meisten diskriminierenden Gesetze zu ändern. Doch auch heute beklagen sich viele palästinensische Israelis über staatliche und alltägliche Diskriminierung – sie haben es beispielsweise schwer, Kredite von Banken zu bekommen.
Bis 2018 war Arabisch neben Hebräisch offizielle Sprache in Israel. Das sogenannte Nationalstaatsgesetz von 2018 erklärte Israel zur „nationalen Heimstätte des jüdischen Volkes“ und Hebräisch zur alleinigen Nationalsprache.
Viele palästinensische Israelis nehmen nicht an den Wahlen teil, weil sie das Gefühl haben, nicht vom Staat repräsentiert zu werden. Nichtsdestotrotz gibt es einige arabische Parteien in der Knesset, die sie vertreten.
Palästinensische Israelis werden oft auch als arabische Israelis bezeichnet. Doch die meisten von ihnen betonen ihre Zugehörigkeit zur palästinensischen Gesellschaft und bezeichnen sich selbst als Palästinenser*innen.
Die Palestine Liberation Organization (PLO, Palästinensische Befreiungsorganisation) ist eine Dachorganisation palästinensischer politischer Bewegungen. Sie wird seit 1974 von den Vereinten Nationen und seit den Oslo-Verträgen 1993 auch von Israel als alleinige Vertretung des Palästinensischen Volkes sowohl in Palästina als auch in der Diaspora anerkannt und repräsentiert die palästinensische Seite bei Verhandlungen über die Beilegung des Konflikts mit Israel.
Die Hamas ist kein Mitglied der PLO. Stärkste Fraktion innerhalb der PLO ist die Fatah; der Fatah-Vorsitzender Mahmoud Abbas ist in Personalunion auch Vorsitzender der PLO und Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA). Sein Vorgänger war Yassir Arafat.
Der PA obliegen quasi-staatliche Funktionen wie die Gesundheitsversorgung, die polizeiliche Kontrolle und das Schulwesen in den im Oslo-Prozess geschaffenen Autonomiegebieten, zu denen der gesamte Gazastreifen sowie die urbanen palästinensischen Zentren und die meisten Dörfer des Westjordanlandes gehören.
Als Siedlungen werden israelische Ortschaften bezeichnet, die außerhalb der Waffenstillstandslinien von 1949 liegen. Sie sind nach internationalem Recht illegal.
Israelisches Recht hingegen unterscheidet zwischen Siedlungen und Außenposten. Während Siedlungen nach israelischem Recht als legal bezeichnet werden, gelten die sogenannten Außenposten auch nach israelischem Recht als illegal. Außenposten sind „wilde“ Siedlungen, die radikal-ideologische Siedler*innen ohne Genehmigung der Regierung aufgebaut haben und die mitunter auf palästinensischem Privatland liegen. Sie werden von der israelischen Regierung oft nachträglich legalisiert.
Die ersten Siedlungen entstanden kurz nach dem Sechstagekrieg 1967. Ihr Bau wurde auch von der sozialdemokratischen Arbeitspartei vorangetrieben. Die größte Siedlung ist Modi’in Illit mit rund 83.000 Einwohner*innen. Außenposten haben mitunter nur eine Handvoll Bewohner*innen.
Mittlerweile lebt im Westjordanland rund eine halbe Million Siedler*innen. Manche von ihnen vertreten eine radikale Ideologie, viele leben jedoch aus anderen Gründen dort: Das Westjordanland ist nicht so dicht besiedelt wie Israel, die Mieten sind billiger, die Luft ist sauberer, die Infrastruktur in den Siedlungen besser als in vielen israelischen Städten.
Im Gazastreifen gibt es seit 2005 keine Siedlungen mehr.
Die Zweistaatenlösung für den israelisch-palästinensischen Konflikt sieht einen unabhängigen Staat Palästina neben dem Staat Israel vor.
Viele Anläufe zur Umsetzung dieser Idee wurden unternommen, sämtliche sind gescheitert, so auch das Oslo-Friedensabkommen von 1993 und 1995.
Die Zweistaatenlösung war das Aushängeschild der israelischen Friedensbewegung, doch der Glaube an eine mögliche Umsetzung ist seit dem Scheitern des Friedensprozesses stetig gesunken.
Die meisten Israelis betonen, dass es auf palästinensischer Seite keinen Partner für Frieden gebe. Palästinenser*innen und israelische Friedensaktivist*innen andererseits sehen ein grundsätzliches Problem in der Zerteilung des Westjordanlandes durch die zahlreichen Siedlungen und in den Ambitionen der israelischen Regierung, es jüdisch zu besiedeln.
Eine Alternative zur Zweistaatenlösung ist die Einstaatenlösung, also ein gemeinsame Staat für Israelis und Palästinenser*innen. Der Zuspruch zu dieser Lösung ist auf beiden Seiten noch geringer als der zu einer Zweistaatenlösung.
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