Gibt es eine Medienkampagne gegen Andreas Babler? Naja, es ist kompliziert.
SPÖ-Chef Andreas Babler als Selfie-Magnet beim Februar-Gedenken der SP-Wien in Floridsdorf. Bild: Dominik Ritter-Wurnig
Dominik Ritter-Wurnig's Picture
Dominik Ritter-Wurnig
Gründer

Gibt es eine Medienkampagne gegen Andreas Babler? Naja, es ist kompliziert.

Die kurze Antwort auf die Frage im Titel lautet: Nein. Die lange Antwort ist etwas komplexer. Ein Erklärungsversuch.

Der morgendliche Aufmacher-Artikel bei derstandard.at fragte am Donnerstag: „Muss SPÖ-Chef Babler bei neuen Verhandlungen zur Seite treten?“.

Im Ö1-Morgenjournal sagt SPÖ-Bundesgeschäftsführer Klaus Seltenheim: „Ganz klar, Andreas Babler ist als Chefverhandler gesetzt.“ Kurz danach sagt Abgeordneter Kai-Jan Krainer sichtlich belustigt bei Puls24, zu 100 Prozent bleibe Babler der Verhandlungsführer: „Sie werden in der SPÖ niemanden finden, der das anders sieht.“

derstandard.at am Morgen nachdem der FPÖ-Obmann mit der Regierungsbildung gescheitert ist. Screenshot: derstandard.at

Schon am Vorabend hatte der ÖVP-Chef Christian Stocker in der ZiB2 die Idee einzelner ÖVP-Landeschefs zurückgewiesen, dass die Volkspartei hier Forderungen stellen könne: „Jede Partei entscheide für sich, wen sie in Verhandlungen schicke.“

Warum berichten seriöse Medien trotzdem immer wieder über solche Gerüchte? Handelt es sich dabei um eine Kampagne der Medien oder von einzelnen Journalist*innen wie auf Bluesky immer wieder von User*innen insinuiert wird?

Festgefahrene Storylines

Medien sind extrem festgefahren in Storylines, glaubt der Kommunikationsexperte und Kenner der SPÖ Yussi Pick: „Dass Kickl ein brillanter Stratege sei, dass die niederösterreichische ÖVP so mächtig sei oder auch, dass der SPÖ-Vorsitzende innerhalb der Partei umstritten sei, sind Storylines, die so lange von den Medien wiederholt werden, bis sie dann auch wirklich stimmen. In der Netzsprache würde man sagen, es sind Memes.“

Solche Geschichten sind einfach zu produzieren, klicken gut und erfüllen die Erwartungshaltung des Publikums. Die SPÖ hat viele Mitglieder, die meisten sind Journalist*innen gegenüber aufgeschlossen und irgendeiner hat immer etwas zu sagen. Wenn es ins Narrativ passt, wird schon mal inhaltliche Kritik zur Kritik an einzelnen Personen hochstilisiert.

Recherchieren auf These

Dass solche Geschichten über Andreas Babler veröffentlicht werden, hat demnach weniger mit der SPÖ als mit der Logik des Journalismus zu tun. Es gehört heute zu den journalistischen Standards, thesengeleitet zu recherchieren und Storys zuzuspitzen. Das heißt, am Anfang einer Recherche steht oft eine Hypothese (z.B. „Babler muss zur Seite treten, damit die Verhandlungen Erfolg haben können“), die man als Journalist*in verifizieren will. In der Praxis werden dabei aber falsifizierende Beweise gerne mal unter den Tisch fallen gelassen. Denn sonst würde man sich ja die eigene Geschichte kaputt recherchieren.

Case closed, Babler sitzt fest im Sattel. Bauschen Medien also eine nicht-vorhandene Geschichte auf? Nicht ganz. Es stimmt schon auch, dass sich Bundes-SPÖ und SP-Wien nichts schenken.

Diese Recherche haben die Mitglieder von tag eins ermöglicht. Werde Mitglied, wenn du unabhängigen Journalismus ermöglichen willst.

tag eins bist du.

Nur mit deiner Unterstützung, deinem regelmäßigen Mitgliedsbeitrag, können wir unabhängig recherchieren und sorgfältigen Journalismus machen.

30 Tage kostenlos testen

Das haben wir auch noch für dich: