Der Immobilienmarkt ist kaputt
Immobilienentwickler*innen bauen ihre Wohnungen und Häuser am Markt vorbei. Zeit zu fragen, wie wir in Zukunft leben wollen.
Sie waren Helden: Mark Zuckerberg, der sein Studium hinschmiss, um eine der wichtigsten Plattformen des nächsten Jahrzehnts zu bauen. Jeff Bezos, ___STEADY_PAYWALL___ der den Buchhandel ins Netz brachte. Elon Musk, der seinen Geschäftsideen von Elektromobilität über Raumfahrt bis zu Gehirnimplantaten keine Grenzen setzte. Unternehmensgründer (keine weibliche Form nötig) waren die Popstars der 2010er-Jahre.
Sie waren diejenigen, die ganze Branchen revolutionierten, und dafür wurden sie als die Vordenker unserer Zeit gefeiert. Gründer*innen und die Tech-Szene studierten ihre Erfolgsrezepte, kopierten ihre Morgenroutinen und übernahmen ihre Produktivitätshacks: Jeden Tag das gleiche Shirt tragen, um ihre Willenskraft nicht mit banalen Entscheidungen belasten zu müssen. Die vergangenen Jahre haben jedoch gezeigt: Die Tech-Milliardäre verfolgen nicht unbedingt die Interessen der Gesellschaft.
Keiner macht das so deutlich wie Elon Musk, der lange als Wunderkind galt. Heute füllt er die Schlagzeilen mit polarisierenden Aussagen, die er über Twitter verbreitet – die Social-Media-Plattform, die er vor knapp einem Jahr übernommen hat und deren Namen er mittlerweile auf X geändert hat. Er entlässt den Großteil der Belegschaft, schraubt an den Privatsphäre-Einstellungen herum, entfernt die Blockierfunktion der App und lässt den zuvor gesperrten Ex-US-Präsidenten Donald Trump wieder auf X publizieren. Überhaupt gibt der neue Eigentümer der rechten Szene viel Platz – so viel, dass Musks Plattform schon als Konkurrenz für Rupert Murdochs Medienimperium rund um Fox News gilt.
Dabei ist das Unternehmen, das ehemals als Twitter bekannt war, eher ein Nebenschauplatz für Elon Musk, fast ein Mittel zum Zweck. Er nennt das Portal einen Raum für die freie Meinungsäußerung, gibt aber vor allem den Meinungen Platz, die in seine Agenda passen. Laut Recherchen des New Yorker übt er einen problematischen Einfluss auf die US-Regierung aus. Die schloss einen Vertrag mit seinem Satelliten-Unternehmen Starlink über die Internetversorgung im Krieg in der Ukraine. Musk soll demnach auch Gespräche mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin geführt und ein Ende der Starlink-Dienstes in Betracht gezogen haben. Mit dem Deal habe sich die US-Regierung abhängig von Musk gemacht, lautet der Vorwurf – nicht nur im Krieg, sondern auch bei der Infrastruktur für Elektroautos und der Weltraumfahrt. Auch bei der Frage der Regulierung von Künstlicher Intelligenz mischt der Serienunternehmer mit und hat dafür im Juli ein neues Startup gegründet.
Wie unbesiegbar Musk sich fühlt, zeigt seine offene Fehde mit Meta-CEO Mark Zuckerberg: Er forderte den Mitbewerber zu einem öffentlichen Wrestling-Kampf heraus.
Zuckerberg selbst steht ähnlich wie Musk dafür in der Kritik, Falschinformationen und Cybermobbing nicht genug zu bekämpfen, und Jeff Bezos baute als Amazon-Chef ein Handelsmonopol mit umstrittenen Arbeitsbedingungen auf. Es wirkt, als hätte die Öffentlichkeit mit ihrer Bewunderung für die Vordenker kleine Monster herangezogen. Haben wir sie zu wenig in ihren Taten hinterfragt und ihnen zu viel Macht gegeben? Das gilt für die Politik, aber auch für Medien und Konsument*innen, die Ex-Twitter trotz seiner fragwürdigen Geschäftspraktiken etwa bei der Datenverarbeitung weiter nutzen.
Einer der neuen Helden der Tech-Szene ist Sam Altman, Gründer von OpenAI, dem Unternehmen hinter dem KI-Tool ChatGPT. Gründer*innen und die Tech-Szene wollen wissen, woher er kommt, wie er arbeitet und wie er sich ernährt. Altman wirkt kritischer, überlegter und nahbarer als Elon Musk. Dabei war er auch ein Wegbegleiter: Musk hatOpenAI mitgegründet. „Elon will unbedingt, dass die Welt gerettet wird. Aber nur, wenn er derjenige sein kann, der sie rettet“, sagt Altman gegenüber dem New Yorker über Musk.
Dieses Machtgefühl sollten wir nicht Individuen geben, die andere Ziele als das Gemeinwohl verfolgen. Die Politik trägt die Verantwortung dafür und könnte den Einfluss von Milliardären aus der Privatwirtschaft beschränken: nicht nur, indem sie deren Unternehmen direkt reguliert, sondern auch etwa, indem sie schärfer gegen die Verbreitung von Falschinformationen vorgeht oder öffentliche Aufträge nicht an die Tech-Monopolisten vergibt. Auch wir als Konsument*innen können mit unseren Entscheidungen dazu beitragen: Wir können Twitter (X) deaktivieren und uns alternative Anbieter suchen. Vielleicht fühlt sich dann die nächste Generation der Internetheld*innen ein bisschen mehr für das Wohl der Gesellschaft verantwortlich.
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