Selbst schuld?
Finanzielle Bildung könnte Menschen helfen zu verstehen, was die aktuelle Preisentwicklung für das eigene Konto bedeutet. Bild: VectorMine / Adobe Stock
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Elisabeth Oberndorfer
Kolumnistin

Selbst schuld?

28 Prozent aller Privatkonkurse sind selbst verschuldet, berichtet der Kreditschutzverband in seiner aktuellen Statistik. Aber was heißt persönliches Verschulden, wenn finanzielle Bildung für Kinder und Erwachsene fehlt?

Die gestiegenen Preise in unserem Alltag machen sich bei vielen Menschen im Haushaltsbudget bemerkbar und haben mitunter drastische Folgen: 8.176 sogenannte Schuldenregulierungsverfahren zählte der Kreditschutzverband 2022. Das sind 13 Prozent mehr Privatkonkurse als im Jahr davor. Im ersten Halbjahr 2023 verzeichnete ABS, die Dachorganisation der staatlich anerkannten Schuldenberatungen, 5,4 Prozent mehr Verfahrenseröffnungen als im ersten Halbjahr 2022. Und beide Organisationen rechnen aufgrund der Inflation mit einem weiteren Anstieg privater Pleiten. 

Als häufigste Ursache für den Privatkonkurs nennt der Kreditschutzverband „persönliches Verschulden“ mit 28,1 Prozent der untersuchten Verfahren. ___STEADY_PAYWALL___ Darunter fallen unter anderem die Überschätzung der eigenen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (19,3 Prozent) und das persönliche Konsumverhalten (6,8 Prozent). Vereinfacht gesagt: Viele Menschen überschätzen ihre persönlichen Finanzen und geben mehr Geld aus, als sie zur Verfügung haben. Zum Vergleich: die Reduktion des Einkommens, zum Beispiel durch Arbeitslosigkeit, war nur in 17,2 Prozent der Fälle der Grund für den Privatkonkurs. 

Ein Konkursverfahren dauert drei Jahre, bis die Privatperson entschuldet ist. Für den Kreditschutzverband ist diese Zeit zu kurz. Denn sie suggeriere, dass man seine Schulden auf relativ einfache Art und Weise loswerden könne. Die Schuldenberatung schlägt vor, die Entschuldungsdauer auf fünf Jahre zu erhöhen, und stellt die Frage: „Wo beginnt und endet persönliches Verschulden?“ 

Tabuthema Geld?

Die Gründe, die der Kreditschutzverband angibt, zeigen jedenfalls ein Defizit: Finanzbildung in Österreich. Wie wir richtig mit Geld umgehen, wie viel Budget ein Privathaushalt braucht, wie wir Geld sparen und richtig anlegen, das haben wir nicht in der Schule gelernt. Manche lernen den Umgang mit persönlichen Finanzen in der eigenen Familie – doch mehr als 60 Prozent der Jugendlichen geben im Jugendbericht 2021 des Erste Financial Literacy Parks, ein Finanzbildungsprojekt der Erste Group, an, nichts oder wenig über das Thema Finanzbildung zu wissen. Deshalb fällt es vielen Menschen schwer, ihre „wirtschaftliche Leistungsfähigkeit“ einzuschätzen. 

Als Maßnahmen gegen die hohe Inflation kommen von der Regierung in erster Linie reaktive Mittel wie der Energiekostenzuschuss. Man könnte aber auch präventive Maßnahmen setzen, etwa die finanzielle Bildung fördern. Wenn Menschen verstehen, was die Preisentwicklung für das persönliche Konto bedeutet, können sie sich besser darauf einstellen – oder haben bestenfalls schon vorgesorgt. Die Regierung hat diesen Nachholbedarf bereits erkannt und 2022 einen Finanzbildungsrat eingeführt. Dieser soll Maßnahmen erarbeiten, die Bürger*innen mehr Grundlagen für ihre finanziellen Entscheidungen geben und Überschuldung verhindern sollen. Außerdem soll Finanzbildung fächerübergreifend in Schulen gelehrt werden. Die Stadt Wien hat dies bereits vergangenen Herbst mit Finanzcoaches eingeführt

Finanzielle Beratung gibt es auch für Erwachsene – schon bevor der Gang zur  Schuldenberatung nötig ist. Da das Bewusstsein dafür fehlt, erkennen jedoch manche den Ernst der Lage zu spät. Nicht zuletzt braucht es Eigenverantwortung, um Klarheit über die eigene finanzielle Situation zu bekommen. Wir müssen lernen, die Angst vor dem Umgang mit Geld zu überwinden, und dafür brauchen wir die richtigen Werkzeuge: im Unterricht oder auch durch kostenlose Informationen, um so viele Menschen wie möglich zu erreichen. So könnte man dem „persönlichem Verschulden“, das aktuell zu vielen Privatkonkursen führt, entgegenwirken – auch in schwierigen Phasen wie solchen mit hoher Inflation.

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