Es handelt sich um einen Kampf gegen Windmühlen, im wahrsten Sinne des Wortes. Die Kärntner FPÖ und das Team Kärnten (ehemals Team Stronach, mit fünf Mandaten im Landtag vertreten) haben gemeinsam eine Volksbefragung initiiert. Damit wollen sie die Errichtung neuer Windräder in Kärnten verbieten lassen.
„Soll zum Schutz der Kärntner Natur (einschließlich des Landschaftsbildes) die Errichtung weiterer Windkraftanlagen auf Bergen und Almen in Kärnten landesgesetzlich verboten werden?“ Das ist die Fragestellung, die am Sonntag in Kärnten auf dem Stimmzettel steht. Dass es sich dabei um eine Suggestivfrage handelt, wurde in den Sozialen Medien bereits ausgiebig diskutiert. Wer spricht sich schon gern gegen Naturschutz aus?
Aber wie kam es überhaupt dazu? Die FPÖ Kärnten hat gemeinsam mit dem Team Stronach im Sommer 2024 von ihrem Minderheitenrecht Gebrauch gemacht und eine Volksbefragung zum Thema Windkraft beschlossen. Die Kärntner Landesregierung legte dann im November einen Plan für die sogenannte Zonierung von neuen Windkraftanlagen vor. Damit soll es in Zukunft einfacher möglich sein, an bestimmten Orten in Kärnten neue Windräder zu errichten. Das betreffe laut dem zuständigen Landesrat Sebastian Schuschnig aber lediglich einen sehr kleinen Teil von Kärnten: Sieben von insgesamt 132 Gemeinden bzw. eine Landesfläche von 0,26 Prozent wie Schuschnig in einer Aussendung erklärt.
Im Österreich-Vergleich sind im südlichsten Bundesland bisher sehr wenig Windkraftanlagen in Betrieb (Stand 2024: 14 Windräder), weitere 32 sind bereits genehmigt oder in Genehmigungsverfahren. Jene wären von einem Verbot gar nicht berührt, heißt es zudem. Mit 50 weiteren Anlagen könnte der Energiebedarf vor allem im Winter besser eigenständig gedeckt und die Vorgaben des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes erfüllt werden.
Schutz der Almen nur wenn es ins Konzept passt
Warum also das Ganze? Zur Erklärung muss ich ein wenig ausholen. Ich bin in Bad Kleinkirchheim aufgewachsen, einem Bergdorf mit knapp 1.660 Einwohner*innen in den Kärntner Nockbergen. Der Ort und seine Bewohner*innen leben vom Massentourismus. Jener bringt der Gemeinde großen Reichtum, aber hinterlässt auch seine Spuren in der Natur und auf den Bergen. Wenn die FPÖ also wegen ein paar Windrädern vom Schutz unserer Kärntner Berge und Almen (einschließlich des Landschaftsbildes) spricht, tu ich mir persönlich damit sehr schwer.
Bad Kleinkirchheim steht seit 1997 unter der Bürgermeister-Regentschaft von Matthias Krenn, einem freiheitlichen Politiker und Hotelier (der nebenbei übrigens auch halbjährlich Obmann der Österreichischen Gesundheitskasse ist). Für den (Ski)-Tourismus ist es augenscheinlich vollkommen egal, wie mit dem Landschaftsbild umgegangen wird, das zeigt zumindest ein Blick nach Bad Kleinkirchheim. Da weichen Bergkuppen schnell mal großen Speicherbecken (zur Wasserspeicherung für die Kunstschneeproduktion). Ganze Waldstriche werden gerodet für neue Pisten oder eine Ganzjahresrodelbahn (???). Das Ortsbild ist geprägt von Hotelburgen und großen Wohnhäusern für Zweitwohnsitze.
Aber wenn es um erneuerbare Energien geht, propagiert die FPÖ den Schutz der Almen und der Natur. Mit fadenscheinigen Argumenten, etwa dass Kärnten durch Windräder den Status als Erholungsgebiet verlieren oder Windkraft die Energiepreise zusätzlich in die Höhe treiben würde.
Trump wäre stolz
Der künftige US-Präsident Donald Trump wäre wohl stolz auf diese Kampagne der Kärntner FPÖ, die sie sich übrigens bisher 100.000 Euro kosten lassen hat. Trump hat erst diese Woche erneut den politischen Kampf gegen Windräder angefeuert: Windräder am offenen Meer würden die Wale verrückt machen, die Alternative sei „clean natural gas“.
Aus dem eigentlichen Kampf gegen Verbote und für die Freiheit wurde bei der Freiheitlichen Partei in Kärnten also eine Volksbefragung für ein Verbot. Weil sich damit perfekt der rechte Kulturkampf befeuern lässt. Windräder sind ein gutes Feindbild für rechtsextreme Politiker*innen, sie stehen für grüne Energie, sie sind sichtbar und selbst unter Naturschützer*innen und Aktivist*innen nicht unumstritten.
Sollte sich die Kärntner Bevölkerung am Sonntag tatsächlich für das Verbot aussprechen, würde das der FPÖ wohl auch bundespolitisch nochmal Auftrieb geben. Gleichzeitig ist eine Volksbefragung rechtlich nicht bindend, die Landesregierung könnte also die Zonierungsverordnung trotzdem umsetzen und neue Windräder bewilligen.
Es gibt in Kärnten jedenfalls eine breite Allianz für ein Nein zum Windkraftverbot. Neben der Landesregierung, der Wirtschaft, den (jungen) Sozialpartnern und Energieverbänden, haben sich zuletzt auch die Kirche, der Kärntner Klimabeirat und andere zivilgesellschaftliche Organisationen, wie das Klimabündnis und Attac gegen den Vorstoß der FPÖ positioniert.
Ob die FPÖ in Kärnten mit ihrem Kampf gegen Windmühlen Erfolg hat, wird der Sonntag zeigen. In jedem Fall handelt es sich dabei um einen populistischen Stunt wie aus dem Bilderbuch.
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