Inside Sellners Trollfabrik
Identitären-Anführer Martin Sellner (r.) mit seiner Frau (l.) auf dem Weg zum rechtsextremen Akademiker-Ball. Foto: Markus Sulzbacher
Markus Sulzbacher's Picture
Markus Sulzbacher
Reporter

Inside Sellners Trollfabrik

Wie Rechtsextreme versuchen Meinungsumfragen bei österreichischen Onlinemedien zu beeinflussen.

Das Projekt gibt es bereits länger, allerdings wurde es bisher kaum beachtet. Schon vor einigen Jahren brachte Identitären-Anführer Martin Sellner die Initiative „Club Pressekritik“ mit an den Start. Dahinter steckt ein rund 460 Personen starker Telegramkanal, wo vorgegeben wird, wie und welche Artikel in Online-Medien kommentiert werden sollten. Oder auch wie bei welcher Online-Abstimmung abgestimmt werden soll.

Ganz so, wie es auch in russischen Trollfabriken passiert. In diesen Fabriken überschwemmen bezahlte Mitarbeiter das Internet mit pro-russischen Kommentaren, Memes und Bildern. Laut Whistleblower müssen in der zwölfstündigen Schicht 160 Beiträge verfasst werden.

Ziel ist es, Diskussionen zu beeinflussen oder bestimmte Erzählungen zu verbreiten – anonym und in der Hoffnung, ein großes Publikum zu erreichen. In der identitären Trollfabrik werden täglich zwei bis sechs Vorgaben veröffentlicht. Ein besonderes Augenmerk legt der „Club Pressekritik“ auf Artikel in den Boulevardmedien Oe24 und Heute, diese wirken wie ein wesentlicher Spielplatz der Gruppe. Aktuell wird verstärkt gegen die neue Regierung Stimmung gemacht. Es wird aufgefordert, an Umfragen über die Regierung teilzunehmen und gegen diese zu stimmen.

Solche Umfragen wie vom 18.02.2024 bei heute.at sollen von den Mitgliedern der Gruppe beeinflusst werden. Screenshot: heute.at

Wie perfide die Rechtsextremen agieren, zeigt ein aktueller Beitrag. Angriffsziel ist der SPÖ-Vorsitzende Andreas Babler. Ihm soll vorgehalten werden, dass er ein „Marxist“ sei, obwohl Karl Marx „ein Antisemit“ war, dies aber die „Moralapostel in der SPÖ“ nicht störe. Auch soll gepostet werden, dass Marxisten nicht in der Lage seien, Staatsschulden zu reduzieren. Und dieser Vorwurf kommt von einer Gruppe, deren politische Agenda hauptsächlich davon geprägt ist, antisemitische Verschwörungserzählungen über „Globalisten“ zu verbreiten.

Seit Jahren zählt das Posten in Foren von Online-Medien zu einem wichtigen Betätigungsfeld von Rechtsextremen. Die Identitären haben dies professionalisiert.

Autor*in: Markus Sulzbacher

Diese Recherche wurde ermöglicht durch die Mitglieder von tag eins. Wenn du willst, dass mehr Mensch von tag eins erfahren, teile den Artikel und hilf uns mehr Menschen zu begeistern.

tag eins bist du.

Nur mit deiner Unterstützung, deinem regelmäßigen Mitgliedsbeitrag, können wir unabhängig recherchieren und sorgfältigen Journalismus machen.

Jetzt Mitglied werden

Das haben wir auch noch für dich: