Auf dem Gesundheitstrip
Eine aktuelle Studie zeigt, dass eine einzelne, moderate Dosis Psilocybin depressive Symptome im Vergleich zu Placebos für mindestens zwei Wochen deutlich reduzieren kann. Bild: Cannabis_Pic / Adobe Stock
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Aram Ghadimi
Reporter

Auf dem Gesundheitstrip

Psychedelika feiern im Moment ein Comeback: als Medikament. Vor Kurzem hat Australien als erstes Land der Welt Psilocybin den Status eines Arzneimittels verliehen. Aktuelle Studien klingen vielversprechend: Kann der Pilzwirkstoff Menschen helfen, ihre Depressionen zu lindern? 

Irgendwann, erinnert sich Michael Reiter, habe er Panik gehabt, einzuschlafen. „Mit der Kündigung bin ich endgültig zusammengebrochen.“ Reiter, der eigentlich anders heißt, will seinen echten Namen nicht veröffentlicht lesen. Laut Hauptverband der Sozialversicherungsträger in Österreich leiden über 500.000 Menschen im Laufe eines Jahres an Depressionen. Reiter ist einer davon.

Hypnophobie, die Angst einzuschlafen, und seine schwere Depression hat ihm sein Arbeitgeber nicht angesehen. Auch nicht, dass er, um seine Beschwerden zu lindern, psychoaktive Substanzen, sogenannte Psychedelika konsumierte. So wie viele andere Menschen, die er in anonymen Internet-Foren traf. „Ich war schon bei so vielen Ärzten, ich wollte sehen, ob ich selbst etwas tun kann.“

Geplagt von Alpträumen und depressiven Schüben hat Reiter entschieden, täglich kleine Mengen psychoaktiver Pilze einzunehmen, ohne Arzt oder Ärztin und ohne Beipackzettel. Er setzt auf Selbstmedikation, befindet sich damit aber in der Illegalität. Denn Psilocybin unterliegt in Österreich genauso strengen Verboten wie Heroin oder Kokain, obwohl es mittlerweile als gesichert gilt, dass Psychedelika nicht abhängig machen. Reiter riskiert eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr. 

Das Revival der Psychedelika-Forschung

Psilocybin erlebt derzeit ein Revival in der medizinischen Forschung.___STEADY_PAYWALL___ Dass manche Pilze eine halluzinogene Wirkung haben ist schon seit Jahrhunderten bekannt. Nun bescheinigen Studien dem Pilzwirkstoff Psilocybin herausragende Eigenschaften bei der Behandlung von Depressionen. Auch bei Angststörungen, posttraumatischen Belastungsstörungen, Suchterkrankungen und anderen psychischen Erkrankungen könnte Psilocybin helfen. Doch wie genau Psilocybin hier wirkt, ist noch nicht geklärt.  

Dass an Psychedelika lange nicht geforscht wurde, liegt auch an zahlreichen Vorurteilen, die in der von US-Präsident Richard Nixon Anfang der 1970er-Jahre ausgerufenen Anti-Drogen-Politik wurzeln. Auf Betreiben der USA werden Psychedelika 1971 in einer Konvention der Vereinten Nationen als harte Drogen ohne medizinischen Nutzen eingestuft. Ein jähes Ende für die frühe Psychedelika-Forschung, die sich erst in den zwei Jahrzehnten davor etabliert hatte.

Ihr Revival beginnt 2006 in den USA, wo Roland Griffiths und sein Team an der Johns Hopkins University in Baltimore zeigen, dass Psilocybin eine tiefgehende, spirituelle Erfahrung auslösen kann. Mehr als zwei Drittel der Freiwilligen beschrieben ihre einzige Sitzung – mehrere Stunden in einem Labor unter strenger Überwachung – auch Monate später noch als eines der bedeutsamsten Ereignisse in ihrem Leben, vergleichbar mit der Geburt eines Kindes oder dem Tod eines Elternteils. Griffiths und seinem Team hievten Psilocybin durch Regierungsgeld-finanzierte Forschung aus dem psychedelischen Underground.

2018 hat die US-amerikanische Food and Drug Administration (FDA) dem Wirkstoff Psilocybin den Status einer „Durchbruchstherapie“ bei schweren Depressionen verliehen, was den Weg für weitere klinische Studien ebnete. Im Jänner 2023 hat der US-amerikanische Bundesstaat Oregon den Konsum psychoaktiver Pilze gänzlich legalisiert. Schließlich veröffentlichte die FDA im Juni eine Leitlinie für Forscher*innen, die den Einsatz von Psychedelika untersuchen. Erstmals legt damit die amerikanische Arzneimittelbehörde der medizinischen Industrie Überlegungen zur Gestaltung klinischer Studien für psychedelische Arzneimittel vor. 

Denn Psilocybin befindet sich in mehreren Ländern bereits in Phase II der klinischen Forschung, um Sicherheit, Wirksamkeit, Dosierung und Wechselwirkungen zu prüfen. Es wird dabei erstmalig kleinen Gruppen von Teilnehmenden verabreicht, üblicherweise etwa 100 bis 300 Personen. Große Studien mit mehreren tausend Teilnehmer*innen fehlen noch.

Drogen auf der therapeutischen Couch

Am anderen Ende der Welt sind sie schon einen Schritt weiter. Australien hat als erstes Land der Welt Psilocybin den Status eines Arzneimittels verliehen. Die Neuklassifizierung bedeutet, dass dort Psychiater*innen seit dem 1. Juli 2023 auf Psilocybin-Produkte zugreifen und sie legal verschreiben können, auch wenn sie (noch) nicht auf Sicherheit oder Wirksamkeit untersucht wurden. Der Pilzwirkstoff könnte Millionen Menschen helfen, die an Depressionen leiden. 

In der Schweiz kann seit 2014 Psilocybin zur Begleitung einer Therapie eingesetzt werden, erklärt Katrin Preller vom Institut für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik der Universität Zürich. Eine aktuelle Studie, an der Preller beteiligt war, zeigt, dass eine einzelne, moderate Dosis Psilocybin depressive Symptome im Vergleich zu Placebos für mindestens zwei Wochen deutlich reduziert. Dabei wurden keine schwerwiegenden, unerwünschten Ereignisse registriert. Es zeigt sich aber auch, dass weitere Studien mit längeren Nachbeobachtungszeiträumen erforderlich sind, um das neuartige Behandlungsschema mit Psilocybin zu optimieren.

„Erste moderne Studien mit Psychedelika gab es ab Ende der 1990er-Jahre in Zürich und auch in Deutschland.“ Katrin Preller

Während klinische Forschungen kostenintensiv und daher zeitlich begrenzt sind, können Patient*innen im niedergelassenen Bereich Psychedelika über längere Zeiträume, therapiebegleitend einnehmen. Für therapeutische Sitzungen mit Psilocybin muss aber in jedem einzelnen Fall eine Ausnahmelizenz beantragt werden, sagt die Forscherin.

Die Schweiz spielt eine bedeutende Rolle bei der Rückkehr der Psychedelika in die Forschung. Der Basler Chemiker Albert Hofmann hat dort 1943 durch Zufall LSD entdeckt und in seiner späteren Forschung erstmals Psilocybin in Pilzen nachgewiesen. Deshalb gibt es in der Schweiz eine lange Tradition der Psychedelika-Forschung, erklärt Preller. „Erste moderne Studien mit Psychedelika gab es ab Ende der 1990er-Jahre in Zürich und auch in Deutschland.“ Das sei vor allem einigen wenigen hartnäckigen Forschern zu verdanken. „Es waren Pioniere wie Franz Xaver Vollenweider in der Schweiz und Roland Griffiths in den USA, die nicht aufgegeben haben und denen wir das heutige Comeback der Psychedelika zu verdanken haben.“

Das zeigt sich auch im Internet. Wenn man „Psilocybin“ bei Google Trends eingibt, sieht man, dass die Suchanfragen ab 2015 deutlich zunehmen.

Microdosing: Ein Trend aus dem Netz

Im Internet hat sich auch Lex Thompson umgesehen, um etwas gegen ihre phasenweise auftretenden Ängste zu tun. Die Diagnosen, die sie erhalten habe, seien so widersprüchlich gewesen, dass Thompson beschlossen hat, sie zu ignorieren. Sie sagt, sie möchte nicht einfach irgendetwas aus der Apotheke nehmen. Die Fotografin lebt seit den 1980er-Jahren in Wien. Mit der Offenheit einer US-Amerikanerin, die an der Westküste aufgewachsen ist, erzählt Thompson, dass sie täglich Psilocybin einnimmt. 

Sie kennt es aus ihrer Jugend. Damals fuhr sie oft mit dem von Doors-Sänger Jim Morrison besungenen Big Blue Bus in Santa Monica zum Strand. „Das war ein Ort der Ektase. Psychoaktive Substanzen waren omnipräsent.“ Obwohl Psychedelika bereits illegal waren, glühte der "Summer of Love" nach. Auch in ihrem damaligen Freundeskreis. Bei ihrem ersten Pilz-Trip habe alles gestimmt: „Es ist ein Gefühl der ozeanischen Weite und der gleichzeitigen Nähe und Verbundenheit mit allem, ein Dialog mit der Natur und der Natur in uns selbst.“ 

„Warum soll ich Medikamente nehmen, wenn ein paar dieser Pilzstücke helfen?“  Lex Thompson

Daran hat sich Thompson erinnert, als ihre Ängste wieder aufgetreten sind. Ihr Mittel dagegen: Ein Tee aus Pilzstücken eines Microdosing-Kits, das sie in den Niederlanden bestellt hat. Ihr Tee erzeugt keinen Trip. Denn ein Trip sei auch anstrengend. Es gelte, die richtigen Umstände zu erzeugen, Set und Setting, damit eine psychedelische Erfahrung ihre positive Kraft entfalten kann. Thompson verzichtet heute lieber darauf: „Ich bin gerne ganz da, mit all meinen Sinnen im Hier und Jetzt.“

Für Microdosing – also die geringe Einnahme von psychodelischen Substanzen, ohne einen Trip zu erleben – wie es Thompson und auch Richter betreiben, beweist die aktuell dünne Studienlage bisher keine Wirkung. Thompson hat sich entschieden, einer Internet-Firma aus Amsterdam mehr zu vertrauen als Ärzt*innen. Seither beeinträchtige die Angst nicht mehr ihr Leben. „Warum soll ich Medikamente nehmen, wenn ein paar dieser Pilzstücke helfen?“ 

Psilocybin als Hype 

Einer, der das anders sieht, ist Siegfried Kasper. Um Psilocybin werde so viel Hype gemacht, dass ihm ganz unwohl werde, sagt der ehemalige Leiter der Psychiatrie am Wiener Allgemeinen Krankenhaus (AKH). Kasper zählt zu den Kritiker*innen der Psychedelika-assistierten Therapie, die psychedelische Erlebnisse als heilsam erachtet. Ihm würden häufig Forschende begegnen, die Trips mit Psilocybin geradezu religiös verehren. Patient*innen, die schon an schweren Depressionen leiden, bräuchten nicht auch noch Halluzinationen. 

Ein berechtigter Einwand, denn das Spektrum depressiver Erkrankungen ist groß. Psilocybin kann auch unangebracht sein. Deshalb werden Personen mit bipolarer Störung bisher aus Sicherheitsgründen von modernen klinischen Psilocybin-Studien weitestgehend ausgeschlossen. Es wird befürchtet, dass sich ihr Krankheitsverlauf verschlechtern könnte.

„Aber bevor ich das nehme, würde ich lieber ein Medikament nehmen, das schon eingeführt ist.“ Siegfried Kasper

Kasper blickt auf eine lange Karriere in der Wissenschaft zurück. „Ein Vierteljahrhundert“ war er an der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Medizinischen Universität Wien tätig. Den Trend, rund um die psychoaktiven Pilze, die in manchen indigenen Kulturen als heilig gelten, ordnet der praktizierende Psychiater dem Rand der Wissenschaft zu: „Manche Kolleginnen und Kollegen schießen sich selbst ins Out, wenn sie über Psilocybin referieren.“ 

Es stünde außer Frage, dass Psilocybin wirkt. „Aber bevor ich das nehme, würde ich lieber ein Medikament nehmen, das schon eingeführt ist.“ Bis Medikamente auf der Basis von Psilocybin verfügbar sind, die keinen Trip erzeugen, sieht Kasper keine Anwendung für den Pilzwirkstoff. 

„Symptome einer Depression sind heute häufiger als noch vor wenigen Jahren“, sagt Kaspar. Nicht alle Betroffenen hätten jedoch eine psychiatrische Erkrankung. Unter denjenigen, denen eine psychiatrische Erkrankung diagnostiziert wurde, sagt Kasper, spricht rund ein Drittel nicht auf etablierte Medikation an.

„Mein Therapeut weiß, was ich stattdessen nehme. Gut findet er es nicht.“ Michael Reiter

Michael Reiter zählt sich hier dazu: Schon als 20-Jähriger habe er alle gängigen Medikamente gegen Depressionen durchgehabt. Da sich seine Depressionen nicht gebessert haben, hat er gänzlich aufgehört klassische Psychopharmaka zu nehmen. „Mein Therapeut weiß, was ich stattdessen nehme. Gut findet er es nicht.“ Er zeigt auf ein kleines Glas. Sein Inhalt: Roggenkorn überzogen mit etwas, das wie Schimmel aussieht. Es ist Pilzmyzel, das die Körner leicht gräulich schimmern lässt, eine Blaufärbung deutet auf Psilocybin hin.

Woher er es hat, verrät er nicht. Alles, was er weiß, finde man auch im Internet. Erreicht man beim Microdosing die Schwelle der Wahrnehmung, halbiert man die Zahl der mit Myzel überzogenen Roggenkörner, sagt Reiter: „Man tastet sich mit der Dosis langsam heran. Erst vier, dann sechs, dann acht Körner.“ Zu einem depressiven Schub sei es seither nicht mehr gekommen.

Der Trip im Spital

„Wir nehmen an, dass die Bewusstseinsveränderung ein zentraler Wirkmechanismus ist, vor allem wenn sie therapeutisch begleitet wird“, sagt Simon Halm. Er hat als stellvertretender Oberarzt der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich an Psilocybin geforscht. Es zu verteufeln, weil es einen Trip auslöst, hält er für falsch.

„In der Schweiz untersuchen wir den Einsatz von Psilocybin mit randomisierten Doppelblindstudien an etwa 60 Personen. Weder Patient noch Therapeut weiß, wer Psilocybin bekommt. Eine Apothekerin verblindet die Proben und verrät, erst wenn alles abgeschlossen ist, wer was bekam.“ Freiwillige erleben einen Trip unter Aufsicht. Nach einmaliger Gabe von Psilocybin folgt eine Gesprächstherapie. Bei Depressionen wie bei Alkoholabhängigkeit zeigt sich eine Wirksamkeit gegenüber Placebos. In beiden Fällen ist die klinische Effektivität bewiesen.

„Gerade weil bei Depressionen die Behandlungsoptionen begrenzt sind, ist Psilocybin-Forschung so wichtig. Nicht primär aus wirtschaftlichem Interesse, sondern aus medizinischem.“ Simon Halm


Die Forschungserbnisse sind in den weltweit wichtigsten klinischen Fachzeitschriften publiziert worden. Bildgebende Verfahren könnten in Zukunft genauer erklären, wie es wirkt, weil dadurch Rückschlüsse darauf möglich sind, was im Gehirn passiert. Geforscht wird derzeit auch in Deutschland, Nordamerika und in England, wo die bisher relevanteste und größte Studie an Menschen am Imperial College in London durchgeführt wurde. Sie hat gezeigt, dass Psilocybin mit der Standardtherapie bei Depressionen gleichwertig ist, aber weit weniger davon eingenommen werden muss als bei etablierten Medikamenten.

Es gelte die Bewusstseinsveränderung, kurz den Trip, zu nutzen und zu begleiten, so Halm. Psychotherapie ist daher ein zentraler Bestandteil der Psilocybin-Studien am Züricher Uniklinikum. „Gerade weil bei Depressionen die Behandlungsoptionen begrenzt sind, ist Psilocybin-Forschung so wichtig. Nicht primär aus wirtschaftlichem Interesse, sondern aus medizinischem.“

Gurus und Grenzerfahrungen

Auch Marlene Rupp widmet sich als psychologische Beraterin dem Thema Grenzerfahrungen. Sie hilft Menschen dabei, ihre gemachten psychedelischen Erfahrungen sinnvoll einzuordnen.

„In einem Umfeld in dem Alkohol und Zigaretten nicht als Drogen, Pilze aber als harte Droge gelten, finden psychedelische Erfahrungen keinen Anschluss“, erklärt sie anhand der eigenen Biografie. Was sie als 20-Jährige mit Psilocybin erlebt hat, konnte sie lange nicht integrieren. „Peak Experiences“ nennt Rupp das. Es sind sehr seltene Erfahrungen, die außerordentlich intensiv sind und oft für sich alleine stehen. „Psilocybin hat mich auf die Fährte gebracht, was in meinem Leben gefehlt hat“, sagt die Mitbegründerin der Psychedelic Society Vienna. Sie ist überzeugt, ein Trip kann lebensverändernd sein.

Psychiater*innen hätten aber nicht ganz unrecht mit ihrer Vorsicht: „Psilocybin-Erfahrungen sind etwas Grandioses, das auch Menschen anzieht, die gerne in dieser Grandiosität baden.“ Um selbsternannten Gurus den Wind aus den Segeln zu nehmen, wäre eine Dekriminalisierung oder zumindest eine klinische Zulassung begrüßenswert, damit es Transparenz, Protokolle, Qualitätskriterien und Ausbildungen geben könne. 

Eine gesundheitspolitische Revolution?

„Bis Psilocybin als Medikament auf den Markt kommt, können noch drei oder mehr Jahre vergehen“, sagt die Wiener Sozialwissenschaftlerin Claudia Schwarz-Plaschg. Sie hat das Revival der Psychedelika untersucht und hält fest, dass mechanistische oder biologistische Ansätze nicht reichen, um psychoaktive Substanzen zu verstehen. Medizinisch-empirische Untersuchungen würden bei Psychedelika schnell in einen Erklärungsnotstand geraten. Nicht alles ließe sich durch Zahlen ausdrücken. „Ich bezweifle, dass Psilocybin ohne Trip viel Nutzen hat. Das ist ein Magic-Bullet-Ansatz, typisch für medizinisches Denken.“

Eine kürzlich vom King’s College London durchgeführte Studie zu behandlungsresistenten Depressionen scheint nun genau das anhand von Zahlen zu untermauern. Eine einmaliger Trip mit 25mg kristallinem Psilocybin und psychotherapeutischer Begleitung linderte Symptome deutlich, während 10mg deutlich schlechter wirkten und die kaum wahrnehmbare Menge von 1mg eher noch zu Verschlechterungen führte.

Der globale Norden befinde sich in einem bedeutenden Paradigmenwandel, sagt Schwarz-Plaschg. Gesellschaften würden sich von Dogmen entfernen, die Psychedelika kriminalisieren. Sie bewegen sich gerade auf eine gesundheitspolitische Revolution zu, die auf den Kopf stellen könnte, was bisher als etablierter Standard galt, so die Forscherin. 

Österreich laufe Gefahr hierbei ins Hintertreffen zu geraten. Denn bis heute gibt es keine einzige klinische Studie zu Psilocybin, gibt Schwarz-Plaschg zu bedenken. Dabei wären Pilze im Bio-Land Österreich sicher anschlussfähig: „Der Pilz als Lebewesen ist kulturell gerade groß da, weil für viele Menschen faszinierend ist, wie der Pilz existiert, nämlich als Netzwerk, als Myzel unter der Erde, rhizomatisch, nicht-linear und verbindend. Das ist am Puls der Zeit.“

Michael Reiter möchte demnächst seinen ersten Trip erleben, den er in Begleitung einer erfahrenen Person plant. Sehr zum Bedauern seines Psychiaters, den er nur noch trifft, wenn er ein ärztliches Attest benötigt. Trotz unklarer gesundheitlicher Konsequenzen für ihn, möchte Reiter weiterhin Psilocybin einnehmen. Er verbindet damit die Hoffnung, seine Depressionen heilen zu können. Gleichzeitig sucht er nach einem Arzt oder einer Ärztin, um sich besser verstanden und begleitet zu fühlen.

Autor*in: Aram Ghadimi

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