Ist die FPÖ eine rechtsextreme Partei? Spoiler: Ja!
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Markus Sulzbacher
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Ist die FPÖ eine rechtsextreme Partei? Spoiler: Ja!

Rechtspopulistisch, in Teilen rechtsextrem, extrem rechts. Medien scheuen sich oft, die FPÖ als rechtsextrem zu bezeichnen. Dabei ist diese Einordnung nicht schwer.


Im August des vergangenen Jahres, mitten im Wahlkampf, war von einer FPÖ-ÖVP-Koalition noch überhaupt keine Rede. Als Grund führte der damalige Generalsekretär und heutige Parteichef der Volkspartei Christian Stocker an, dass „die FPÖ unter Kickl zu einer rechtsextremen Partei geworden ist“. Das waren neue Töne. Die ÖVP hielt sich bis dahin mit solchen Aussagen zurück. Schließlich regiert sie in mehreren Bundesländern mit den Freiheitlichen. 

„Alle Bedenken, die ich hatte, habe ich auch jetzt noch“, sagte Stocker vor wenigen Tagen, vom Standard auf seine Aussagen von damals angesprochen. Trotzdem will er mit der FPÖ und deren Parteichef Herbert Kickl nun eine Regierung bilden. 

FPÖ sieht sich als „Rechtspartei“

Auch seitens der SPÖ ist seit einigen Monaten häufiger von der „rechtsextremen FPÖ“ die Rede, die Grünen nennen die Freiheitlichen schon seit Jahren konsequent „rechtsextrem“. Für die NEOS sind „Kontakte zu Gruppen wie den Identitären und anderen Vertretern am äußersten rechten Rand“ der Grund, warum „Teile der FPÖ als rechtsextrem bezeichnet werden müssen“, so die Partei auf Anfrage von tag eins

Die FPÖ will von „rechtsextrem“ nichts wissen. ___STEADY_PAYWALL___. „Die FPÖ ist eine Rechtspartei, die mit beiden Beinen innerhalb des Verfassungsbogens steht“, heißt es in einer Stellungnahme. Der Partei hilft, dass sie seit ihrer Gründung im Jahr 1956 Teil der politischen Landschaft Österreichs ist. 

Und, dass österreichische Medien sich diesbezüglich eher zurückhalten. Gerne ist von der „rechtspopulistischen“ FPÖ die Rede. Einer Beschreibung, mit der die Freiheitlichen gut leben können. Im Gegensatz zu deutschen Medien gibt es in Österreich vergleichsweise wenige journalistische Artikel, in denen die FPÖ als „rechtsextrem“ bezeichnet wird.

Passiert es trotzdem, haben die Freiheitlichen eine Verteidigungsstrategie bei der Hand. Wird die FPÖ auch nur in die Nähe von „Rechtsextremismus“ gebracht, gehen ihre Funktionäre in den Angriffsmodus über. Dann ist von „plumper, linker Stimmungsmache“ die Rede, von Parteilichkeit, Gegnerschaft oder Aktionismus – oder das Medium wird einfach gleich beleidigt. Oder wie Kickl selbst im ORF-Sommergespräch 2023 sagte: „Wird dir der Bürger unbequem, punzier ihn doch als rechtsextrem.“ Wenn man etwas mache, was der Regierung nicht passe, sei man gleich in der rechtsextremen Ecke, erklärte der FPÖ-Chef damals.

134 Einzelfälle

Auf eine echte Auseinandersetzung lässt sich die FPÖ freilich nicht ein. Ebenso wird nicht thematisiert, dass ihre Partei maßgeblich von hochrangigen Nationalsozialisten gegründet wurde. Für die Partei ist das Thema erledigt, seit sie einen „Historikerbericht“ dazu veröffentlichte, sagte ein Sprecher zu tag eins. Allerdings war das Ergebnis, dass die FPÖ keine direkte Nachfolgepartei der NSDAP sei. Das hatte allerdings auch niemand behauptet. 

Mit ihrer Linie gegenüber den Journalist*innen, fährt die Partei erstaunlich gut. Selbst die zahlreichen rechtsextremen und rassistischen „Einzelfälle“ der vergangenen Jahre ändern nichts daran. Die Webseite „Stoppt die Rechten“ zählte 134 Vorfälle (Stand 22. Jänner 2025) auf, seit Herbert Kickl im Juni 2021 die FPÖ als Bundesparteiobmann übernommen hat.

Immerhin schreiben kritische Journalist*innen meist „rechtspopulistisch bis rechtsextrem“, „in Teilen rechtsextrem“ oder mit „rechtsextremen oder auch NS-Anklängen“. Damit sind sie rechtlich (meist) auf der sicheren Seite, sofern sie dies auch ausführen können.  

Wissenschaftliche und offizielle Definition 

Dabei ist die Einordnung nicht schwer. Es gibt wissenschaftliche Definitionen von Rechtsextremismus und, darauf aufbauend, auch offizielle. Zum Beispiel auf der Website des österreichischen Verfassungsschutzes: „Befürwortung einer Diktatur, Islam- und Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus, Chauvinismus, Sozialdarwinismus, Rassismus sowie die Verharmlosung und Relativierung des Nationalsozialismus (Revisionismus)“. 

Für jeden Punkt lassen sich Beispiele bei der FPÖ finden. Etwa den Freundschaftsvertrag mit der russischen Diktaturpartei; Aussagen über „Fahndungslisten“ für politische Gegner, die auch noch als „Volksverräter“ bezeichnet werden (Kickl), Lob für die rechtsextremen „Identitären“ und deren Verharmlosung (Kickl); das Video der FPÖ-Jugend mit verklärtem Blick auf den „Führerbalkon“ am Wiener Heldenplatz“ oder wenn Geflüchtete bei einem Stammtisch als „Gesindel“ bezeichnet werden, dem das Leben so unangenehm wie möglich gemacht werden müsse. Dazu kommt noch, dass der Verfassungsschutz FPÖ-Funktionäre beobachtet, da diese als Teil des militanten rechtsextremen Milieus betrachtet werden. 

Beim Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands, das sich wie keine andere Institution mit Rechtsextremismus beschäftigt, wird die FPÖ als „rechtsextrem“ eingestuft. Auf Anfrage von tag eins heißt es: „Die FPÖ kann in ihrer gegenwärtigen Verfassung und unter ihrer aktuellen Führung als rechtsextrem eingestuft werden. Diese Analyse lässt sich aufgrund ihres programmatischen Bekenntnisses zur ,deutschen Volks-, Sprach- und Kulturgemeinschaft‘, der Bemühungen um die Delegitimierung demokratischer Institutionen und Prozesse, der Sympathien für autoritär agierende Staatsmänner wie Viktor Orbán und der systematischen Ethnisierung des Sozialen bei gleichzeitiger Stigmatisierung bestimmter Bevölkerungsgruppen treffen. Damit ist keine pauschale Einstufung aller Funktionär*innen, Mitglieder oder gar Wähler*innen verbunden.“

Autor*in: Markus Sulzbacher

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