Ja, die Gerüchte sind wahr ... ich habe mich nach Italien abgesetzt. Aber ich kann dich beruhigen, es hat nichts damit zu tun, dass wir mit Ende April leider den Betrieb von tag eins einstellen müssen. Das ist natürlich sehr traurig für uns als Redaktion und auch für viele von unseren treuen tag-eins-Leser*innen. Vielen Dank für eure lieben Nachrichten, euer Zuspruch muntert uns schon ein bisschen auf!
Ich kann mich ehrlicherweise gerade gar nicht so richtig auf das Ende von tag eins oder gar meine persönliche Zukunft konzentrieren. Während ich diese Zeilen tippe, sitze ich nämlich in der Lobby des noblen Fünf-Sterne-Hotels Brufani in der italienischen Kleinstadt Perugia. Hier spazieren im Moment hunderte von Journalist*innen aus der ganzen Welt ein und aus. Es findet gerade das International Journalism Festival statt, eine der größten Journalist*innenkonferenzen der Welt.
Ich darf tag eins hier vertreten, mich mit zahlreichen Kolleg*innen austauschen und viel spannenden Input sammeln, den ich dann wieder mit nach Österreich bringe. Gestern Donnerstag habe ich beispielsweise ein Panel besucht, dass sich der Frage gewidmet hat, welche Art von journalistischen Inhalten im Zeitalter von KI und Internet überhaupt noch zu den Leuten durchdringen. Außerdem hab ich in einer (von Google gesponserten) Session etwas über die AI Tools von Google namens Gemini, NotebookLM und Pinpoint gelernt. Mehr dazu erfährt ihr bald.
Am Abend gab es dann noch handgemachte Pasta und Spritz, schließlich darf auch das Networking und der persönliche Austausch mit Kolleg*innen nicht fehlen.
Disclaimer an dieser Stelle: Ermöglicht wird diese Reise vom FJUM - forum journalismus und medien und der Wirtschaftsagentur Wien.
Diese Woche haben wir für dich:
❏ tag eins exklusiv: Österreichische Bauteile in russischen Kriegsdrohnen
❏ Ankündigung: Ein Abend für tag eins im Volkstheater Wien
❏ Raus aus dem Clickbait-Desaster: Wie Journalismus gesellschaftlich relevante Themen eigentlich behandeln sollte
Währenddessen produzieren meine Kolleg*innen in Wien aber natürlich weiterhin fleißig Inhalte, die ich dir nicht vorenthalten mag. Deshalb: Viel Spaß mit dem tag eins briefing!
Es waren gute Beiträge, die der ORF über Schweizer Bauteile in russischen Kampfdrohnen vor einer Woche sendete. Sowohl die ZIB als auch das Ö1-Morgenjournal berichteten darüber. Verwunderlich war jedoch, dass keiner der Beiträge erwähnte, dass sich in russischen Kampfdrohnen auch Bauteile aus Österreich finden.
Die ukrainischen Behörden entdecken immer wieder Bauteile westlicher Firmen in russischen Waffen, Panzerfahrzeugen und militärischer Ausrüstung. Der Geheimdienst listet diese Teile auf einer Website öffentlich auf.
Demnach finden sich in der massenhaft eingesetzten Angriffsdrohne Shahed-136 gleich drei Sensoren der Ams-Osram AG, die in der Steiermark ihren Hauptsitz hat. Die Shahed-136-Drohne wurde vom Iran entwickelt und wird mittlerweile auch in Russland hergestellt.
Maßnahmen gegen den Export
Auf Anfrage von tag eins betont die Ams-Osram AG, dass man keine „Lieferbeziehungen in den Iran“ unterhält und das Unternehmen „Berichte über den möglichen Einsatz von Komponenten aus unserer Produktion in militärischen Anwendungen von sanktionierten Staaten sehr ernst nimmt“. Auch habe man „umfangreiche Maßnahmen eingeführt“, damit „von Sanktionen betroffene Produkte nicht in den Iran oder Russland gelangen“. Hierzu zählen „vertragliche Regelungen, IT-basierte (End-)Kundenprüfungen und Produktkontrollen.“ Es wird in der Stellungnahme auch erwähnt, dass ohne „Vorliegen der genauen Produktbezeichnung ein Nachverfolgen der Lieferkette grundsätzlich nicht möglich“ sei.
Die größeren von Russland eingesetzten Kampfdrohnen Mohajer-6 werden von einem Rotax-Motor angetrieben, der in Oberösterreich hergestellt wird. Rotax-Motoren kommen auch bei türkischen oder US-amerikanischen Drohnen zum Einsatz.
Seit Jahren bekannt
Der Einsatz österreichischer Bauteile in Drohnen hat auch die österreichischen Sicherheitsbehörden auf den Plan gerufen. Laut den Recherchen der DSN, der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst, gelangen die Motoren über Zwischenhändler in den Iran, ist dazu im Verfassungsschutzbericht 2023 zu lesen.
Weiters: Der Iran nutzt „bewusst und gezielt Proxys (Umgehungsnetzwerke), um an derartige Güter zu gelangen, da sie bis zur Herstellung einer Autarkie in relevanten Bereichen auf den Weltmarkt angewiesen sind. Die Abwicklung von Anfragen und Lieferung erfolgt dabei über Drittländer beziehungsweise mehrere Firmen, um den wahren Endverwender zu verschleiern“.
Dass der Iran Bauteile aus Österreich verwendet, war schon Jahre vor dem Überfall Russlands auf die Ukraine bekannt. Es stellt sich daher die Frage, warum Firmen ihre Lieferketten nicht besser kontrollieren. Genauso wie es den Banken mittlerweile gelingt, ihre Finanzströme nachzuvollziehen, sollten auch Unternehmen ihre Lieferketten überwachen können.
von Redaktion 📧
Bevor sich unser Projekt verabschiedet, wollen wir noch einmal diskutieren: Was tun gegen die Normalisierung von Rechtsextremismus?
Die Autorin und Politikwissenschaftlerin Natascha Strobl lädt die Redaktion von tag eins und weitere Gäste dazu ein. Wir freuen uns sehr über die Einladung, auf eine engagierte Diskussion – und auf dich!
Rechtsextreme Rhetorik und Positionen, einst randständig, sind heute in weiten Teilen der Gesellschaft salonfähig. Verschwörungsnarrative dringen in den politischen Diskurs ein, Hass und Hetze verbreiten sich rasant, die Grenzen des Sagbaren verschieben sich immer weiter, die FPÖ räumt bei Wahlen ab. Rechtsextremismus wird immer „normaler“.
Gemeinsam mit Natascha Strobl und Ingrid Brodnig diskutieren und analysieren wir, welche Mechanismen hinter dieser Normalisierung stecken – und vor allem: Welche Gegenstrategien sind wirksam?
Es diskutieren:
Natascha Strobl – Gastgeberin, Autorin und Politikwissenschaftlerin
Ingrid Brodnig – Kommunikationsexpertin und Autorin
Markus Sulzbacher – Journalist bei tag eins und Standard
Moderation: Nicola Werdenigg
Wann? Am 16. April, um 20 Uhr
Wo? Rote Bar des Volkstheaters ,Arthur-Schnitzler-Platz 1, 1070 Wien
von Jolanda Allram 📧
Wie kann Journalismus gesellschaftlich relevante Themen begleiten, ohne sie nur einmal jährlich zu streifen? Zwischen Nachrichtenvermeidung und Überforderung wächst der Ruf nach einem Journalismus, der zuhört und dranbleibt. Jolanda Allram beschreibt, wie das gelingen könnte.
(Text für alle frei zugänglich – ohne Paywall)
Nachdem das Festival erst gestern so richtig gestartet ist, kann ich euch heute noch nicht so intensiv berichten. Ich verspreche aber, dass ich das zeitnah nachholen werde.
Sonnige Grüße aus der Hauptstadt Umbriens wünscht
Emil
von tag eins
PS: Du wirst ausnahmsweise also schon früher als kommenden Freitag von mir hören: Stay tuned für eine Sonderausgabe des tag eins briefings direkt aus Perugia.
Nur mit deiner Unterstützung, deinem regelmäßigen Mitgliedsbeitrag, können wir unabhängig recherchieren und sorgfältigen Journalismus machen.
Jetzt Mitglied werden